Funktionsweise

 

Fließbild einer Biogasanlage

Es werden verschiedene Rohstoffe, z.B. Bioabfall, Gülle, Klärschlamm, Fette oder Pflanzen in einen luftdicht verschlossenen Fermenter eingebracht. Dort entsteht durch anaerobe Gär- oder Fäulnisprozesse das Biogas, das je nach Ausgangsstoff aus 40-75 % Methan, 25-55 % Kohlendioxid, bis zu 10 % Wasserdampf sowie darüber hinaus aus geringen Anteilen Stickstoff, Sauerstoff, Wasserstoff, Ammoniak und Schwefelwasserstoff besteht.

Derzeit wird Biogas vor allem zur dezentralen gekoppelten Strom- und Wärmeerzeugung in Blockheizkraftwerken genutzt (Kraft-Wärme-Kopplung). Dazu wird das Gasgemisch getrocknet (der Wasseranteil im Biogas wird reduziert), durch Einblasen einer kleinen Menge Frischluft entschwefelt und dann einem Verbrennungsmotor zugeführt, der einen Generator antreibt. Der so produzierte Strom wird ins Netz eingespeist. Die im Abgas und Motorkühlwasser enthaltene Wärme wird in Wärmeübertragern zurückgewonnen. Ein Teil der Wärme wird benötigt, um die Fermenter zu beheizen. Die in Frage kommenden Bakterienstämme, die die Biomasse abbauen, arbeiten am besten in einem Temperaturbereich von entweder 37 (mesophil) oder 55 °C (thermophil). Überschüssige Wärme des Motors kann zur Beheizung von Gebäuden oder zum Trocknen der Ernte (Getreide) verwendet werden. Besonders effektiv arbeitet die Anlage, wenn die überschüssige Wärme ganzjährig genutzt wird.

Das genaue Zusammenspiel der Mikroorganismen ist nur unzureichend bekannt, so ist es schwierig Steuerungsparameter für einen geregelten und auf maximale Methanausbeute ausgelegten Ablauf zu finden (meist beruhen diese auf Erfahrung). Forschungsprojekte zur verbesserten Erklärung des Ablaufs und der Charakterisierung der mikrobiologischen Populationen bzw. Gemeinschaften werden weitere Erkenntnisse über die Einzelheiten der Prozesse erarbeiten.

Zur Aufrechterhaltung des Faulprozesses wird bei niedrigen Substratkonzentrationen und damit großen Wassermengen etwa die Hälfte der Abwärme aus der Stromproduktion mit Biogas zur Aufrechterhaltung der Temperatur der Biogasanlage benötigt. Trockenfermentationen, die feste, stapelbare Substrate ohne Wasserzugabe verarbeiten, benötigen maximal 10 % der produzierten Wärme. Die verbleibende Wärme kann für andere Heizzwecke verwendet werden. Für den Gesamtwirkungsgrad einer solchen Anlage ist daher die optimale Nutzung der Abwärme und eine Temperaturregelung im Prozess entscheidend.

In mehreren Projekten wird das Biogas inzwischen aufbereitet und ins Erdgasnetz eingespeist. Damit werden Biogasanlagen auch an Standorten ohne Wärmeabnehmer sinnvoll. Aufbereitetes Biogas kann ebenso als Treibstoff für gasbetriebene Fahrzeuge eingesetzt werden.

Die vergorenen Rohstoffe werden als landwirtschaftliche Düngemittel verwendet. Sie sind chemisch weit weniger aggressiv als Rohgülle, die Stickstoffverfügbarkeit ist besser und der Geruch weniger intensiv.

Vor- und Nachteile

Biogasanlagen sind neben Wasserkraftwerken, Solaranlagen, Biomasseheiz(-kraft-)werken und Windkraftanlagen wichtige Erzeuger von Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien. Jedoch haben sie je nach Substrattyp und Anlagenbauweise zum Teil auch einige Nachteile. Hier eine Aufstellung möglicher Vor- und Nachteile:

Vorteile

- verringerte Geruchsintensität und Ätzwirkung bei der Ausbringung
- die Pflanzen können den Nährstoffgehalt besser und schneller ausnutzen als bei Rohgülle

Nachteile

 

Entwicklung

Deutschlandlastige Artikel Dieser Artikel oder Absatz stellt die Situation in Deutschland dar.

Der Anbau nachwachsender Rohstoffe in Deutschland ist von 1.565.000 ha im Jahr 2006 auf 2.044.600 ha im Jahr 2007 gestiegen. Dabei betrug 2007 die Anbaufläche für Pflanzen, die zur Biogaserzeugung genutzt werden 400.000 ha.

Auch die Zahl der Anlagen sowie der installierten elektrischen Leistung stieg. Einen vergleichsweise hohen Anstieg zu den Vorjahren lässt sich 2004 nach der 1. Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetz ausmachen. Betrug die Zahl der Anlagen im Jahr 2004 vor der Novelle noch 2010, so waren es 2005 nach der Novelle schon 2690 Anlagen in Deutschland. Im Jahr 2007 ist diese Zahl auf 3711 weiter gestiegen. Diese Entwicklung lässt sich durch die Erhöhung der Vergütung der durch Biogasanlagen erzeugten kWh erklären. Somit kam es auch zu einer Steigerung der reinen elektrischen Leistung (2004: 247 MW, 2005: 665 MW, 2007: 1270 MW), die aber zusätzlich durch eine Verbesserung des Wirkungsgrades der Neu- und Altanlagen hervorgerufen wurde.

Da die ersten Biogasanlagen nicht nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung funktionierten, sondern die durch hauptsächlich Motor und Generator erzeugte Wärme ungenutzt an die Umwelt abgegeben wurde, würde man eine noch stärkere Zunahme der gesamten Leistung erhalten, wenn man zusätzlich die thermische Leistung einer Biogasanlage in den Anstieg der Leistung einbeziehen würde.[1]

 

Vergütung in Deutschland

In Deutschland wird das Einspeisen von elektrischem Strom in das Stromnetz durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz geregelt. Energieversorger müssen den Strom aus dem BHKW zu definierten Preisen abnehmen, können diese Kosten aber an den Endkunden weiterreichen. Die Preise in €-ct/kWh sind in der unten stehenden Tabelle aufgeführt. Wenn das Biogas nur thermisch verwertet oder gereinigt, verdichtet und in ein (Erd)Gasnetz eingespeist wird, erhält der Biogasanlagenbetreiber keine EEG-Vergütung.

€-ct/kWh Grundvergütung (2005) NawaRo-Bonus KWK-Bonus Technologiebonus
bis 150 kW 11,5 6 2 2
bis 500 kW 9,9 6 2 2
bis 5 MW 8,9 4 2 2
größer 8,4 0 2 0

Dabei wird die Grundvergütung für Strom aus Neuanlagen jedes Jahr um 1,5 % abgesenkt, bleibt aber ab Anlagenbau für 20 Jahre konstant, wenn die Anlage bis dahin nicht so modifiziert wird, dass sie als Neuanlage zählt. Der NawaRo-Bonus kann - trotz seines Namens - auch bei der Verwendung von Gülle gewährt werden. Die Biogasanlage darf nur nicht mit Abfällen betrieben werden.

Der KWK-Bonus richtet sich nach der Stromkennzahl (SKZ). Diese berechnet sich nach dem Verhältnis des elektrischen zu thermischen Wirkungsgrades des Blockheizkraftwerkes oder genauer: aus dem Verhältnis der verkauften Wärme zum verkauften Strom. Wenn eine Biogasanlage 50 % der anfallenden Wärme verkaufen kann, können 50 % des produzierten Stromes mit dem KWK-Bonus vergütet werden.

Der Technologiebonus wird bei Verwendung von neuartigen Technologien in der Biogasanlage gewährt. Diese können z.B. die Verwendung eines Stirlingmotors, einer ORC-Turbine zur besseren Wärmenutzung, des Kalina-Prozesses, einer Brennstoffzelle, einer Gasturbine oder einer Hochlast-Trockenfermentation sein. Speziell NawaRo-Anlagen nehmen diesen letzten Grund fast immer in Anspruch - oftmals auch unberechtigt.

Die von vielen Biogasanlagenbauern und -betreibern dringend erwartete Novellierung des EEG wurde auf den 1. Januar 2009 verschoben. Der genaue Wortlaut der Novellierung steht noch nicht fest, man geht aber davon aus, dass der KWK-Bonus erhöht und die Grundvergütung abgesenkt werden wird.[3]

 

Rohstoffe für Biogas

Material  Biogasertrag
(FM = Frischmasse)  
Methangehalt
Maissilage 202 m³/t FM 52 %
Grassilage 172 m³/t FM 54 %
Roggen-GPS 163 m³/t FM 52 %
Futterrübe 111 m³/t FM 51 %
Bioabfall 100 m³/t FM 61 %
Hühnermist 80 m³/t FM 60%
Zuckerrübenschnitzel 67 m³/t FM 72 %
Schweinemist 60 m³/t FM 60 %
Rindermist 45 m³/t FM 60 %
Getreideschlempe 40 m³/t FM 61 %
Schweinegülle 28 m³/t FM 65 %
Rindergülle 25 m³/t FM 60 %
 

Der Grund für die häufige Nutzung von Mais- oder Grassilage wird aus nebenstehender Tabelle deutlich, die den Biogasertrag und den Methangehalt verschiedener Rohstoffe darstellt.

Biogas aus Mais- oder Grassilage besitzt zwar einen relativ geringen Methangehalt im Vergleich zu z.B. Pressschnitzel, allerdings liegt der Biogasertrag pro Tonne von Mais- oder Grassilage wesentlich höher, was den Nachteil des geringen Methangehalts wieder aufwiegt. Mais ist auf Grund seines großen Stärkeanteils und der damit verbundenen guten Vergärbarkeit prädestiniert für den Einsatz in Biogasanlagen. Für Landwirte mit Tierhaltung stellt die Nutzung von Mist bzw. Rohgülle eine gute Alternative dar, weil diese Stoffe bei Tierhaltung zwangsläufig anfallen.

Die Fermentationsrückstände der Biogaserzeugung sind weniger aggressiv und geruchsintensiv als Mist oder Rohgülle, so dass sie sich wesentlich besser als Pflanzendünger eignen.

 

Gefahren

Bei falscher Bedienung der Biogasanlage, bei Konstruktionsfehlern oder bei Materialschäden besteht die Gefahr der Verpuffung. Besonders erheblich war der Unfall am 16. Dezember 2007 bei einer Biogasanlage in Riedlingen. Die Verpuffung war so extrem, dass sie einer Explosion ähnelte. Dabei zerbarst der 22 Meter hohe Tank (Fermenter). Es wurden Teile der Anlage mehrere hundert Meter weit geschleudert und 1 Million Liter Jauche liefen aus. Nach einem vorliegenden Gutachten war „ein Zusammenspiel zwischen Planungs- und Ausführungsfehlern“ Ursache für die Havarie. Zwei weitere schwere Unfälle mit Biogasanlagen ereigneten sich 2007: Im niedersächsischen Deiderode explodierte eine Anlage mit ungeheurer Wucht, am 14. Juni 2007 wurde das Silo einer Biogasanlage der Siedlung Binsheim (Gemeinde Walzbachtal / Landkreis Karlsruhe) durch eine heftige Explosion zerstört, wobei zwei Menschen verletzt wurden. In Riedlingen entstand durch die Zertrümmerung der Anlage und austretende Gülle ein Sachschaden von ca. einer Million Euro.[5] Ein Brand einer Biogasanlage in Gehlenberg mit 200.000 Euro Schaden wurde 2008 durch Schweißarbeiten ausgelöst. Folgenschwerer als die Unglücksfolgen an den Anlagen selbst können die damit häufig verbundenen Umweltschäden sein. Diese können sich in Millionenhöhe bewegen, wenn die Behälter zerstört werden und der Inhalt in anliegende Gewässer ausläuft. Entsprechende Situationen gab es 2002 in Barßel, wo durch eine ausgelaufene Biogasanlage ein Fischsterben in größerem Ausmaß herbeigeführt wurde. Auch in Bassum (Landkreis Diepholz) führte das Bersten des Behälters einer Biogasanlage zu Gewässerschäden in der nahegelegenen Hache.[6]

In Einzelfällen können auch Schadgase in erheblichem Umfang emittiert werden: 2005 starben in Zeven vier Menschen, als der Anlieferer einer Biogasanlage eine Schwefelwasserstoffwolke in ungewöhnlich hoher Konzentration freisetzte.[7]

 

Literatur

Umfassendes, aktuelles 233-Seiten Literaturwerk zum Thema Biogas und (landwirtschaftliche) Biogasanlagen. Die Handreichung kann kostenlos von der FNR bezogen werden.
Die kostenlose Broschüre (50 Seiten) enthält Grundlagen und Techniken zur Biogasgewinnung sowie Informationen zu Genehmigungsverfahren. Kurzfassung Langfassung

 

Weblinks

Quellen

  1. Fachverband Biogas: Monitoring zur Wirkung des EEG auf die Entwicklung der Stromerzeugung aus Biomasse (BMU, 2007) Fachverband Biogas (2007)
  2. Erneuergare-Energien-Gesetz:§ 8 Vergütung für Strom aus Biomasse
  3. Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft: Aktueller Stand zur Novellierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG), Juli 2007
  4. a b Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR): Biogas Basisdaten Deutschland Stand: Januar 2008.
  5. Spiegel online: Biogasanlage explodiert,16. Dezember 2007;Schwäbische Zeitung: Havarie in der Biogasanlage: Gutachten macht Betreibern Hoffnung, 26. August 2008
  6. NWZ online: Schweißfunken entfachen Feuer 23. September 2008
  7. NWZ online: Biogas erhitzt die Gemüter, 24. September 2008